INTERESSANTE FOTOGRAFIE-TERMINE

17.08.2022

Die Landesinnung Niederösterreich lädt zum Artist Talk am 17.08.2022 im Rahmen des Festival La Gacilly Baden Photo

WO: Treffpunkt Kaiserhaus-Garten, 2500 Baden (Zugang über Hauptplatz oder Grabengasse vis-a-vis FF Stadt Baden
Wann: 17.08.2022 - 13:30 Uhr

 

NUR FÜR BERUFSFOTOGRAFiNNEN

Artist Talk under the Sky:
14:00 Uhr: Verena Andrea Prenner
14:45 Uhr: Christine De Grancy
16:30 Uhr: Nick Brandt

Erfrischungen: Festivals Prosecco & Mineralwasser
Die Teilnahme am Artist Talk ist kostenlos!
Im Anschluss ist ein gemeinsames Abendessen mit den Vortragenden geplant. 
Bitte um Bekanntgabe, ob auch am Abendessen teilgenommen wird (ist selbst zu bezahlen).

Anmeldung bis längstens 29.07.2022 

ACHTUNG: Die Teilnehmeranzahl ist begrenzt.
Anmeldung unter fotografen@wknoe.at
Die Anmeldung/Teilnahme wird ab 02.08.2022 per Mail bestätigt.


ZU DEN ARTISTS:

(Quelle: Newsletter WKO)

Verena Andrea Prenner

CAMPING

„Nach Abschluss meines Studiums der Soziologie zog ich in den Nahen Osten. Während dieses Aufenthaltes erhielt ich eine Förderzusage für ein Projekt in der palästinensischen Westbank. Aus soziologischem Interesse nahm ich die Möglichkeit in einem Flüchtlingslager
zu wohnen an. Neben meinem eigentlichen Projekt, das darin bestand, die Auswirkungen des Baus der israelischen Sicherheitsmauer auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der palästinensischen Taxifahrer zu untersuchen, bekam ich die Möglichkeit, als Fotografin
für muslimische Hochzeiten zu arbeiten. Gleichzeitig begann ich, das Leben im Camp zu studieren: Wie wirken sich die prekären Lebensumstände auf die Individuen aus? Wie ist die Gesellschaft organisiert, welche Strukturen finden sich? Und wie wirkt sich ein Leben
vor Ort auf mich persönlich aus?

 

Der Tagesablauf wird durch die muslimische Kultur und Religion, ein Leben zwischen Haram und Halal, dem Verbotenen und dem Erlaubten geprägt. Der individuelle Spielraum dazwischen ist minimal, vor allem für Frauen. Mein Einzug in das Camp als alleinstehende
Frau stieß auf große Verwunderung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern. Schnell galt ich als israelische oder palästinensische Spionin oder aber als minderwertige Frau.


Unzählige Augen waren auf mich gerichtet, sobald ich das Haus verließ. Kurze Zeit nach meinem Einzug begann im Juni 2014 der Krieg im Gazastreifen. Das öffentliche Leben erstarrte. Was blieb waren Protestaktionen und Militäroperationen im Camp. Leid, Elend und Tod waren allgegenwärtig. In dieser Zeit entstand eine eigenwillige Beziehung zu der Campgesellschaft. Einerseits waren mir viele kulturelle und gesellschaftliche Paradigmen unverständlich, andererseits fühlte ich mich ihr auf einer Gefühlsebene nahe. Nach Monaten vor Ort und zwei weiteren Aufenthalten.

 

In den folgenden Jahren baute sich nach und nach gegenseitiges Vertrauen auf. Irgendwann war ich keine Fremde mehr, und so entschied ich mich, nicht nur außerhalb des Camps, sondern auch im Flüchtlingslager eine fotografische Arbeit zu realisieren. Doch dann kam
die große Frage: Was zeigt man?“ Verena Andrea Prenner ist Soziologin und Fotografin. Für ihre künstlerische Arbeit unternimmt sie lange soziologische Feldforschungen und setzt sich mit Randgruppen auseinander, da Ränder bekanntermaßen die Mitte definieren. Daraus entwickelt sie Ideen, individuelle Reflexionen und Ansichten über Gesellschaften, die sie mit Hilfe von Laien und Passanten vor Ort in Form von inszenierter Fotografie darstellt.

Christine De Grancy

ÜBER DER WELT UND DEN ZEITEN – HOMMAGE ZUM 80. GEBURTSTAG

Christine de Grancy wurde in Graz zur Keramikerin und Grafikerin ausgebildet. Seit 1963 lebt sie in Wien und war dort über Jahre als Art-Direktorin in Werbeagenturen tätig, bevor sie sich ausschließlich und vor allem hingebungsvoll der Fotografie widmete. Ihr
Bewunderer und Freund André Heller sagte über sie: „Christine de Grancy ist früh bekannt geworden. Dies ist nicht leicht für eine unspektakuläre Schwarzweißfotografin, die sich, um Publikum zu finden, nicht der Methodik von Rockstars, Filmschauspielern, Sportlern oder Bankräubern bedienen kann und will. Es muss also mit der Qualität der Arbeit zu tun haben.


Eine Geschichtenretterin möchte ich sie nennen, berufen, den schönen und schrecklichen Augenblicken Dauer zu verleihen. Ihre Lichtbilder sind betroffen machende Glücksfälle aus dem geheimnisvollen Revier der unsentimentalen Kunst. Meine Fantasie zeigt mir eine Dame mit einem Grundcharakter der von Zähigkeit, Fleiß und Treue geprägt ist. Mit einem guten melancholischen Gesicht, das man nicht leicht vergisst. Aus verarmtem Adel entstammt sie und bestellt zu allen Jahreszeiten den Boden mit eigenen Händen. Bei den Leuten heißt sie respektvoll die ‚Augnerin‘, und die Früchte ihrer Felder sind Genauigkeit und eine kostbare Art des Schauens. Diese Ernte verwandelt sie seit 30 Jahren zu Lichtbildern, die von den Einfühlsamen in Stadt und Land Bewunderung erfahren, weil eine Kraft und Schönheit darin wohnt, die den Betrachter für gewöhnlich fähiger werden lässt.


Die „Augnerin“ lebt ‘abseits aller Moden, das hat sie wesentlich werden lassen. Sie interessiert sich für die Befindlichkeit der Flüsse und die leuchtenden Spuren der Karawanen, für die Konkursverfahren der Liebe oder die Spiele der Kinder und Greise. Sie hat ein umfassendes Weltbild und gibt dem Ausdruck in umfassenden Bildern der Welt. Man muss sie auch eine politische Künstlerin nennen, eine Chronistin der Wunden und Zurückweisungen, eine Reporterin der verlorenen Unschuld und der allzu vielen aus der Gnade Gefallenen. Ihr eigenes Lieblingsspiel war und bleibt: ‚Ich seh’, ich seh’, was du nicht siehst‘. Sie spielt es mit heiligem Ernst. Deshalb nennt man sie die ‚Augnerin‘, denn ihre Wahrnehmungsfähigkeit ist ein Glücksfall, für den wir zu danken haben“.


Viele ihrer bedeutenden Arbeiten entstanden auf langen Reisen nach Griechenland, Russland/Georgien, Japan, Algerien/Westsahara, Portugal, China/Tibet, Pakistan, Türkei/Kurdistan, Niger, Mali.

Nick Brandt

Das Festival Photo La Gacilly zeigt dieses Jahr unter anderem Arbeiten des britischen Fotografen Nick Brandt, der sich auch für den Erhalt der Artenvielfalt einsetzt. Im Gespräch äußert der Ausnahmekünstler seine Sorgen und Hoffnungen in Bezug auf die Welt von morgen. Er beschreibt seine Haltung gegenüber Bildern, in einer Zeit, in der die sozialen Netzwerke mit rasender Geschwindigkeit in alle Winkel unserer Gesellschaft vordringen.

 

Wenn ausreichend viele Künstler, Fotografen und andere Menschen ganz konkret aktiv werden, jeder auf seine Weise, wird das in der Gesamtheit dazu führen, dass wir einen anderen Blick auf die Welt bekommen. Ich habe beispielsweise neben meiner künstlerischen Arbeit eine NGO gegründet, Big Life. Diese Organisation finanziert heute in Kenia die Arbeit von über zweihundert Rangern, die über 1,7 Millionen Hektar Land bewachen. Damit leiste ich einen kleinen Beitrag zu einem weitaus größeren Projekt: dem Schutz der Natur.


Als was würden Sie sich dann bezeichnen: als Künstler, als Fotograf, als Aktivist? Alle drei?

Ich finde Schubladen entsetzlich. Man kann Menschen nicht in Kategorien stecken. Nehmen Sie zum Beispiel Guernica von Picasso. Niemand wird heute mehr bestreiten, dass dieses Bild ein Meisterwerk ist. Aber es ist auch ein Gemälde, das die Bombardierung von Guernica im Jahr 1937 anprangert, sowie die Grausamkeiten, die die Nazis und die Faschisten während des spanischen Bürgerkriegs begangen haben. Würde heute irgendjemand dieses Bild als Propaganda bezeichnen? Natürlich ist es kämpferisch, aber es geht über das rein Politische hinaus. Was meine bescheidene künstlerische Arbeit angeht, würde ich nicht wollen, dass sie als Propaganda oder bloßer Aktivismus betrachtet wird.


Das Wichtigste an einem Kunstwerk ist die Absicht, die es verfolgt. Mit This Empty World, aber auch mit meiner Arbeit ganz allgemein, will ich die Zerstörung der Umwelt anprangern. Die Aufnahmen sind in Afrika entstanden, ich hätte sie aber auch an jedem anderen Ort der Welt machen können, an dem ähnliche Phänomene zu beobachten sind, wo also, bedingt durch Verstädterung und den „Fortschritt“, die Tiere aus ihren natürlichen Lebensräumen vertrieben werden. Allerdings ist der Mensch in meinen Werken niemals nur der Aggressor; er ist gleichfalls Opfer des „Fortschritts“, der unaufhörlichen Ausbreitung der „Menschheit“.

 

Ich lebe in Kalifornien und könnte daher bald selbst zum Klimaflüchtling werden. Immer häufiger treten dort Waldbrände auf, und wir wissen auch, warum: weil sich die Region zunehmend in eine Trockenzone verwandelt. Sie beschäftigen sich in Ihrer Arbeit nicht nur mit der Umweltzerstörung, sondern auch mit dem Schutz freilebender Wildtiere – ein besonders vielschichtiges Thema, das heutzutage jedoch häufig in ein Schema von Gut und Böse gepresst wird. Wie stellt sich Ihnen die Lage dar?


Am meisten beunruhigt mich, dass wir in sogenannten Informationsblasen leben. Wir lesen nur noch Artikel, die uns in unserer Meinung bestätigen. Ich habe Angst, nur Menschen zu erreichen, die ohnehin derselben Ansicht sind wie ich. Und dass diese Leute aus genau diesem Grund in meine Ausstellungen kommen. Nehmen wir zum Beispiel die Tatsache, dass der Mensch für die Erderwärmung verantwortlich ist. Wie oft konnten Sie schon jemanden, der zuvor anderer Meinung war, von dieser Tatsache überzeugen? Mir ist das noch nie gelungen, und ich kenne auch niemanden, dem das schon einmal gelungen wäre.


Und dabei kann, was diesen Punkt angeht, kein Zweifel mehr bestehen. Oder nehmen Sie die Pandemie: all die Menschen, die nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, dass das Tragen einer Maske die Ausbreitung des Virus eindämmt, und der anderen Menschen
beschimpfen. Manchmal scheint es, als machten sich angesichts der Probleme, vor denen die Menschheit steht, Resignation und Fatalismus breit. Wie kann man dem begegnen? Edmund Burke hat gesagt: „Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun.“ Das Schlimmste, was unserem Planeten passieren kann, sind Tatenlosigkeit, Gleichgültigkeit und Fatalismus. Wütend und kämpferisch zu sein, ist immer besser, als wütend zu sein und tatenlos zu bleiben. Und es ist ein täglicher Kampf: Wir müssen Druck auf Politik und Industrie ausüben, aber auch unsere Gewohnheiten ändern. Bewusst konsumieren, uns bewusst fortbewegen. Wenn wir nicht versuchen, die Dinge im Kleinen zu ändern, sind wir nur Schlafwandler, die geradewegs auf das Nichts zusteuern. Auf Instagram werden jeden Tag 95 Millionen Bilder hochgeladen. Ist es angesichts dieser Masse nicht naiv zu glauben, ein Bild könne den Lauf der Welt verändern?

 

Früher hätte ich wahrscheinlich gesagt: Ja. Aber nicht mehr seit dem Bild, das zeigt, wie der Polizist Derek Chauvin George Floyd sein Knie auf den Hals drückt. Angesichts dessen, was derzeit in den USA geschieht, kann niemand behaupten, dieses Bild habe die Gesellschaft nicht erschüttert. Hätten die Veränderungen schon vor dieser Tragödie stattfinden müssen? Natürlich. Aber indem dieser eine Moment festgehalten wurde, konnte die ganze Welt nachempfinden, was die afroamerikanische Community seit Jahrhunderten durchmacht. Doch abgesehen davon könnte ich kein anderes Beispiel nennen, weder aus diesem Jahr noch aus den zurückliegenden. Den nachhaltigsten Einfluss haben oft jene Fotos, mit denen niemand gerechnet hat. Fotos, die Momente festhalten, in denen aktuelle Probleme zum Ausdruck kommen.

 

Aber die Festnahme von George Floyd wurde gefilmt, nicht fotografiert ...
Ja, aber im Gedächtnis setzt sich ein unbewegtes Bild fest. Die meisten Menschen haben das Video nie gesehen, oder nicht in voller Länge. Auch ich habe es mir nicht angesehen. Ein unbewegtes Bild reicht aus, um sich die ganze Grausamkeit der Tat vorzustellen. Das liegt vermutlich daran, dass unser Gehirn und unser Denken Erinnerungen nicht in Form von Filmen abspeichern, sondern eher in einzelnen Eindrücken, in Momenten. In Ihrer Arbeit This Empty World, die dieses Jahr im Rahmen des Festivals zu sehen ist, mussten Sie für jedes Bild beträchtlichen Aufwand betreiben, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, nämlich die rasante Verstädterung und ihre Folgen für die Natur anzuprangern. Warum so viel Mühe, wenn doch, wie Sie gerade selbst gesagt haben, schon ein einzelnes Bild aus einem mit einem Smartphone gefilmten Video die Menschen weltweit erschüttern kann?


Die Frage, ob ich glaube, mit meiner Arbeit die Welt verändern zu können, ist immer ein wenig frustrierend. Ich glaube, jeder Fotograf tut das, was er kann, und so gut er es kann. Und vor allem so, wie er es für richtig hält. Es mag seltsam klingen, aber ich arbeite eigentlich nur für mich selbst. Wenn ich hinter der Kamera stehe, frage ich mich nicht, wie die Leute meine Bilder finden werden. Wenn meine Fotos sie bewegen, alarmieren, empören – umso besser. Meine Herangehensweise ist eher eine künstlerische als eine foto-journalistische. Erreiche ich, bedingt durch meine Art zu arbeiten und meine Werke zu verbreiten, weniger Menschen? Wahrscheinlich. Ich sehe mich als kleines Rädchen in einem großen Mechanismus der Veränderung:

 

Wenn ausreichend viele Künstler, Fotografen und andere Menschen ganz konkret aktiv werden, jeder auf seine Weise, wird das in der Gesamtheit dazu führen, dass wir einen anderen Blick auf die Welt bekommen. Ich habe beispielsweise neben meiner künstlerischen Arbeit eine NGO gegründet, Big Life. Diese Organisation finanziert heute in Kenia die Arbeit von über zweihundert Rangern, die über 1,7 Millionen Hektar Land bewachen. Damit leiste ich einen kleinen Beitrag zu einem weitaus größeren Projekt: dem Schutz der Natur.

 

Was halten Sie von Persönlichkeiten wie Greta Thunberg? Die Länder Skandinaviens sind dieses Jahr die Ehrengäste unseres Festivals, und Thunberg ist ja so etwas wie eine Botschafterin dieser Weltgegend geworden. Ich finde sie fabelhaft. Ich hatte gehofft, dass ihre Stimme – die Stimme der Jugend –endlich gehört wird. Aber im Moment sieht es nicht danach aus. Dafür hat sich aber die Bewegung gewandelt, die sie verkörpert; sie steht jetzt für eine Jugend, die mehr will und nicht lockerlässt. Und daher bin ich voll auf ihrer Seite. Wie gesagt: Besser, man macht irgendetwas, als man macht gar nichts. Genau das will ich mit meiner Arbeit veranschaulichen. Meine Bilder mögen düster sein, vielleicht sogar dystopisch, und sie zeigen eine beschädigte Welt. Dennoch müssen wir weiterhin alles tun, was in unserer Macht steht, um so viel zu bewahren wie möglich und die Zerstörungen so gering wie möglich zu halten. Wir müssen weiter für das kämpfen, was von unschätzbarem Wert ist: für die Poesie und die Schönheit. Für uns selbst, und für alle folgenden Generationen.

 

Interview: Vincent Jolly

Profi-Fotografie.at

in Kooperation mit www.messeplatz.at
Letzte Änderung: 25.04.2024

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